Achtsamkeit

Genuss tut gut

Liebe LeserInnen,

in der Hektik des Alltags vergessen wir oft auf uns zu achten. Bevor wir einen wichtigen (?!) Termin sausen lassen, wird das Treffen mit Freunden, die Sporteinheit oder ähnliches gestrichen. Auf Dauer zerrt dies an den Reserven und man fühlt sich erschöpft. Leider geht es nicht nur meinen Patienten in der Klinik so, sondern auch Mitmenschen aus meinem privaten Umfeld. Und auch mir.

Das muss aber nicht so sein. Ich plädiere für mehr Genuss im Alltag. Dies geht auch mit einem vollen Terminkalender. Allerdings bedarf es ein wenig Übung und Disziplin um aus Automatismen auszubrechen und neue Gewohnheiten zu etablieren. Eine kleine Hilfestellung könnten die Acht Gebote des Genießens sein. Ich habe mich dabei an die Literatur von Kaluza (2018) und meinen eigenen Erfahrungen als Mensch und Psychologe orientiert. Vielleicht ist der ein oder andere Anreiz für dich dabei….

Acht Gebote des Genießens

Gönne dir Genuss

„Tun hätte ich schon gewollt, dürfen habe ich mir nicht getraut“ (Karl Valentin)

Vielen Menschen fällt es schwer, haben ein schlechtes Gewissen oder Hemmungen sich selbst etwas Gutes zu tun. Als stünde ihnen Genuss oder Lebensfreude nicht zu oder müsse es sich verdienen.

Selbstfürsorgliches Verhalten jedoch bedarf keiner Leistung. Die meisten Menschen sind, ohne zu zögern für deren Liebsten da. Sowohl in schlechten Zeiten als auch um ihnen eine Freude zu machen. Diese fürsorgliche und mitfühlende Haltung kannst du auch für dich selbst aufbringen. Sei dir deine beste Freundin oder dein bester Freund.

 

Nimm dir Zeit zum Genießen

„Wir haben genug Zeit, wenn wir sie nur richtig verwenden“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Was banal klingt, ist eine wichtige Voraussetzung für das Genießen. Unter Termin- bzw. Zeitdruck kann kein Genuss entstehen. Genuss braucht Zeit, es reicht auch ein Augenblick.

Schaffe dir kleine Inseln des Genusses im Berufs- und Privatalltag. Vielleicht zu festen Zeitpunkten in Verbindung mit einem Ritual.

 

Genieße bewusst

„Wichtig ist nicht anzukommen, sondern Glück im Hier und Jetzt“ (Melody Found)

Genuss findet in der Gegenwart statt. Das ständige Denken an zukünftige oder anstehende Aufgaben verhindert oft den Blick auf das angenehme Genusserlebnis im Hier und Jetzt. Bewusst genießen bedeutet sich auf eine Tätigkeit zu besinnen. Genuss geht nicht nebenbei.

Das Üben von Achtsamkeit kann dich dabei unterstützen bewusster zu genießen. Achtsam sein bedeutet, sich dem Moment gewahr zu sein und die Aufmerksamkeit gezielt zu lenken. Was von vielen Religionen und Traditionen längst seit Jahrhunderten praktiziert wird, versteht mittlerweile auch die wissenschaftliche Psychologie. Achtsamkeit erhöht nachweislich die Genussfähigkeit und reduziert das Stresserleben.

 

Schule deine Sinne

„Glücklichsein muss man üben wie Geigespielen“ (John Lubbock, 1. Baron Avebury)

Beim Genießen kommt es darauf an, Nuancen wahrzunehmen. Genießen setzt also eine feine und differenzierte Sinneswahrnehmung voraus. Diese bildet sich durch wiederholtes Erfahren, also durch üben. Die eigenen Sinne werden also geschärft.

Die Sinne zu schulen bedeutet den „Autopiloten“ auszuschalten. So kannst du bewusst beobachten, riechen, hören, sehen, schmecken und tasten. Vielleicht nimmst du dir auch noch Zeit für einen Blick nach innen. Die Selbstbeobachtung kann dir helfen intensiver zu genießen oder innere Barrieren beim Genuss zu identifizieren.

Genieße auf deine Art

„Was dem einen sin Uhl ist, ist dem anderen sin Nachtigall“ (Volksmund)

Was sagt uns dieser Spruch aus dem Volksmund? Für jeden Menschen bedeutet Genuss etwas anderes. Wichtig ist herauszufinden was dir gut tut und wie du gut genießen kannst. Genauso wichtig finde ich herauszufinden was einem nicht gut tut. Es ist deine Entdeckungsreise zu deinem persönlichen Genusserlebnis.

Auf dieser Reise kann man auch enttäuscht werden, oder du findest über diese Umwege etwas Neues. Ein neues Hobby oder neue Interessen. Manchmal erzähle ich die Geschichte vom Erfinder des Post-it. Eigentlich wollte er bei seinen Experimenten einen Superkleber entwickeln und aus einem seiner größeren Fehlversuche entstand ein kaum haftender Stoff; die Grundlage für ein nicht mehr wegzudenkendes Büromaterial….

 

Genieße lieber wenig, aber richtig

„Weniger ist mehr“

Genuss in den Alltag zu integrieren bedeutet nicht besonders viel zu konsumieren. Vielmehr ist die Qualität des Genusses entscheidend. Ein Zuviel wirkt bald sättigend und langweilt. Schnell muss ein neuer Kick her. Daher empfehle ich dir deinen Genuss auch ein bisschen zu beschränken – nicht aus Geiz oder aus falscher Bescheidenheit, sondern um dir nur das Beste zu gönnen.

Nicht immer können wir „einfach das Leben genießen“, scheinbar stets glückliche Menschen predigen dies gern. Dennoch braucht es auch Raum für Schmerz, Leid und Streit. Sich davon mit Genuss und Konsum abzulenken bedeutet oft verlängertes Leid und wir nehmen uns die Chance an den Herausforderungen zu wachsen.

 

Plane deinen Genuss

„Vorfreude ist die schönste Freude“

Der Volksmund sagt auch: „man soll die Feste feiern wie sie fallen“… In meinen Gesprächen als Psychologe erwidere ich dieser Haltung „nicht auf den Kollegen Zufall zu warten“. Nimm es selbst in die Hand wieviel Genuss und Entspannung du im beruflichen und privaten Alltag erlebst. Ein voller Terminkalender macht es oft notwendig ein Treffen oder Zeit für sich allein zu planen.

Ein schöner und nicht zu vernachlässigender Nebeneffekt ist die Vorfreude…

 

 Genieße die kleinen Dinge des Alltags

„Glück entsteht oft durch Aufmerksamkeit in kleinen Dingen, Unglück oft durch Vernachlässigung kleiner Dinge“ (Wilhelm Busch)

Manchmal übersehen wir das kleine Glück, während wir auf das große Glück vergebens warten. Im Hier und Jetzt hast du die Möglichkeit jeden Tag was zu verändern und etwas Neues zu entdecken. Es gilt Genuss im Alltag zu finden – neue Perspektiven beim Wahrnehmen einnehmen oder einem Gespräch voll und ganz seine Aufmerksamkeit zu schenken.